Freibetrag bei der Erbschaftssteuer

Pflegevoraussetzungen für den Freibetrag bei der Erbschaftssteuer.Wenn sich erwachsene Kinder über Monate und Jahre hinweg um die Pflege ihrer Eltern kümmern, mag dies häufig aus einer moralischen Verpflichtung heraus erfolgen. Dies gilt umso mehr, wenn nach dem Tode des Pflegebedürftigen mit einem Erbe zu rechnen ist. Bislang machte es für die Anrechnung der Erbschaftssteuer auf das vererbte Vermögen des Elternteils keinen Unterschied, ob sich ein Kind um die Pflege gekümmert hat oder nicht. Ein aktuelles Rechtsurteil ändert dies und schafft zusätzliche Anreize in Form eines Freibetrags, der zusätzliche Spielräume beim Erbe des gepflegten Elternteils lässt.

Eine neue Perspektive auf die Erbschaftssteuer

Nach der bisherigen Regelung in Deutschland gab es für die Kinder von Pflegebedürftigen kaum die Möglichkeit, die aktiv ausgeübte Pflege positiv im Sinne der Erbschaftssteuer auszulegen. In Deutschland gilt eine beidseitige Unterhaltspflicht, d. h. auch Kinder müssen für ihre Eltern aufkommen und diesen im Extremfall finanziell bei der Pflege unter die Arme greifen. Nach dieser Rechtslage gab es bislang für das Finanzamt keinen Anhaltspunkt, bei der Festlegung der Erbschaftssteuer nach dem Tode des Pflegebedürftigen die pflegende Tätigkeit bei Freibeträgen zu berücksichtigen.

Diese Sichtweise wurde nun in einem aktuellen Urteil des BFH vom 10. Mai 2017 (Az. II R 37/15) widerlegt. Der Bundesfinanzhof sieht es als rechtmäßig an, dass Kindern ein zusätzlicher Freibetrag von 20.000 Euro auf das Erbe des verstorbenen, pflegebedürftigen Elternteils gewährt wird. Die juristische Einrichtung erkannte zwar die bisherige Gültigkeit der Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern an. Allerdings sah der BFH in der Formulierung nicht die Pflicht gegeben, dass sich Kinder um die Pflege ihrer Eltern kümmern müssten. Falls sie es doch tun, wird eine zusätzliche Leistung erbracht, für die im Rahmen der festgesetzten Erbschaftssteuer ein zusätzlicher Freibetrag festgesetzt werden dürfte.

Unter welchen Pflegevoraussetzungen der Freibetrag angerechnet wird

Um vom zusätzlichen Freibetrag bei der Erbschaftssteuer zu profitieren, sind zwei wesentliche Grundlagen zu erfüllen. Zum einen muss das erbende Kind das pflegebedürftige und mittlerweile verstorbene Elternteil tatsächlich gepflegt haben. Zum anderen darf zu Lebzeiten kein Entgelt vom Elternteil an das Kind für die Pflege gezahlt worden sein. Im Gerichtsurteil ging es ausschließlich um den direkten Verwandtschaftsgrad zwischen Eltern und ihren Kindern, hieraus ist keine automatische Gültigkeit für andere pflegende Verwandte herzuleiten. Da für diese andere Freibeträge bei der Erbschaftssteuer gelten, dürfte ein entsprechender Freibetrag ebenfalls anders ausfallen.

Ob und in welchem Umfang Bundesbürger vom getroffenen Urteil des Bundesfinanzhofes profitieren, bleibt abzuwarten. Sofern ein Elternteil verstirbt, sieht der Gesetzgeber in Deutschland einen Freibetrag für das Erbe von 400.000 Euro vor. Hat ein Kind das verstorbene Elternteil gepflegt und hierfür kein Geld erhalten, erhöht sich dieser Freibetrag nach dem Gerichtsurteil nun auf 420.000 Euro. Nur bei einem Bruchteil der Familien in Deutschland werden Vermögenswerte in dieser Höhe vorhanden sein, so dass eine tatsächliche Auswirkung des erhöhten Freibetrags spürbar ist. Die gerichtliche Abklärung ist dennoch ein wertvolles Indiz, dass vor den Augen des Gesetzgebers eine Unterhaltspflicht nicht mit einer aktiven Pflegepflicht gleichzusetzen ist.

Finanzielle Situation rechtzeitig abklären

Für viele Pflegebedürftige ist das Thema Erbschaft aus einem weiteren Grund wichtig. Sofern ein höheres Vermögen zur Verfügung steht, wird dieses bei der Beanspruchung von Pflegeleistungen herangezogen. Über das Eigenvermögen des Pflegebedürftigen werden beispielsweise Leistungen des ambulanten Pflegedienstes oder die Unterbringung in einem Pflegeheim bezahlt. Hierdurch reduziert sich das Erbe der Kinder sukzessive, die ohne ein solches Vermögen selbst finanziell für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen müssten.

Umso wichtiger ist es, sich rechtzeitig in der Familie mit dem Thema Pflege und den hiermit verbundenen Kosten auseinanderzusetzen. Der Abschluss einer privaten Vorsorge als Ergänzung gesetzlicher Pflegeleistungen ist hierbei ein wesentlicher Schritt. Hierauf aufbauend ist zu überlegen, ob das Vermögen angegriffen oder Kinder freiwillig Pflegeleistungen bezuschussen möchten.